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13. Apr. 1999. Tomi Engel ObjectFarm
   
Tech Feature

Dieser Artikel wurde für die Zeitschrift NEXTTOYOU verfaßt und ist dort in der Ausgabe 4/98 erschienen.

Mac OS X Server im Februar

Das für NeXT-Entwickler wichtigste Ereignis der San Francisco MacWorld '99 war ohne Zweifel die offizielle Ankündigung von Mac OS X Server. Lange hatten die OPENSTEP'ler gewartet und wurden immer wieder vertröstet. Doch nun scheint Apple nicht nur ein besseres v1.0 Produkt liefern zu können, sondern kann einem klar definierten Kundenkreis auch gleich überzeugende Argument für den Einsatz der neuen Technologie bieten.

Mac OS X Server VerpackungAls Termin steht der Februar ins Haus und die finale Betatest-Phase ist derzeit im Gange. Das primäre Einsatzgebiet sieht Apple bei der Entwicklung und Bereitstellung von WebObjects-Anwendungen und der zentralen Resourcenverwaltung in großen Mac OS Netzwerken.

Für die Mehrzahl der Zuhörer war WebObjects nicht von großer Bedeutung, weshalb auf diesen Bereich nur beiläufig eingegangen wurde. Steve Jobs versuchte dennoch zu zeigen, daß allein WebObjects schon ein Mac OS X Server rechtfertigt, da es in seiner Sparte eindeutig die Führungsposition innehält (2000 Kunden, mehr als 3000 Anwendungen) und Apple nun in Kombination mit der neuen G3 Generation eine ernstzunehmenden Serverplattform für das Internet zu bieten hat.

Auf deutlich mehr Interesse ist jedoch die Eignung als Server für Mac OS Netzwerke gestoßen, da diese Gebilde an vielen Schulen und bei anderen Großkunden vorzufinden sind. Für die Demonstration diente ein PowerMac der neusten Generation, mit 400 MHz Kupfer-G3 und reichlich Speicher, welcher unter Mac OS X Server leif und sich das Ethernet mit einem iMac teilte.

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1. 50 iMacs hängen an einem Mac OS X Server

Dem iMac wurde die Festplatte entnommen, was ihn zu einem leisen und billigen Netzcomputer (NC) machte, welcher auf zigtausend bestehende Mac OS Programme zugreifen kann. Beim Einschalten des kleinen "Mac-NCs" holte sich dieser über „ das von NeXT-Rechnern und anderen UNIX-Maschinen bekannte „ bootp-Verfahren ein Abbild des System-ROMs vom Server und verwendete dieses um ein komplettes Mac OS 8.x System über das Netz nachzuladen. NetBoot bezeichnet Apple diese Fähigkeit mit der ab nun auch ein Apple zum Leben erweckt werden kann.

Interessant hierbei ist, daß tatsächlich Mac OS 8.x auf dem iMac lief und nicht etwas eine Version von Mac OS X Server. Um dies zu verdeutlichen wurde Microsofts Internet Explorer gestartet, welcher nur für Mac OS verfügbar ist. Um den Kreis der wichtigen Apple-Technologien zu schließen wurde mit Hilfe eines AppleScripts der Webbrowser angewiesen, von einer auf dem Server laufenden WebObjects-Applikation, einen QuickTime-Film abzuspielen. Hierbei handelte es sich tatsächlich um eine Demo des neuen QuickTime 4.0 "live streaming".

NetBoot von 50 iMacs

Um die Praxistauglichkeit einer NetBoot-Installation zu unterstreichen wurde nicht nur darüber gesprochen, daß man die 50 iMacs einer Schule auf diese Weise verwalten könnte, sondern die fehlenden 49 iMacs wurden kurzerhand auf die Bühne gefahren (Abb. 1). Das zeitlich versetzte Einschalten der Rechner zeige deutlich, daß jeder seinen individuellen Vollbild-QuickTime-Datenstrom abspielen und der G3 Server diese Last verkraften kann.

Da hier vorrangig der Netzwerkdurchsatz zählt wird es optional eine 4-fach 100 Megabit Ethernet-Karte geben. Mit dem zukünftigen IOKit könnte auch FireWire zur Verkabelung der Geräte in Betracht kommen (womit man den einzelnen NCs sogar eine feste Bandbreite zusichern könnte).


2. Die Mac OS X Server CDƒbald auch in ihren Händen

So überzeugend die Demonstration der technischen Möglichkeiten auch war, so kontrovers wurde nach der Keynote die Preispolitik diskutiert. Genau 999 US-Dollar will Apple für das neue Betriebssystem verlangen und im gleichen Zug auch ein Bundle mit einem "dicken" G3 Server für 4999 US-Dollar anbieten.

Es steht außer Frage, daß diese Preise realistisch sind, wenn man bedenkt, daß man neben einem Betriebssystem auch eine komplette Entwicklungsumgebung samt limitierter WebObjects-Deployment Lizenz enthält. Bereits WebObjects alleine kommt einen Entwickler heute teuerer und andere Plattformen samt hauseigener Programmier-Tools sind auch nicht billiger (eher deutlich teuerer).

Doch selbst wenn es für Forschung und Lehre (bisher noch nicht bekannten) Sonderkonditionen geben sollte, so wird der Ruf nach einer billigeren und abgespeckten "Mac OS X Workstation"-Version laut; was Apple technisch keine zusätzlichen Probleme bereiten dürfte. Die Entscheidung ob man eine abgespeckte Anwender-Version vertreiben will, müssen Apples Marketingstrategen treffen.

Besonders die YellowBox-Entwickler, welche sich im Zuge der MacWorld zu einer inoffiziellen "Birds of a Feather"-Veranstaltung trafen, äußerten ihre Kritik an der derzeitigen Produktpolitik, da es für ihre Produkte auch 1999 prakisch keine potentiellen Kunden geben würde. Auf einem Server werden meistens kundespezifische Datenbank-Lösungen installiert, aber nur selten Tabellenkalkulationen oder Malprogramme zum Einsatz kommen. Ein Preis von jenseits der 2000 DM ist für ambitionierte "Poweruser" jedoch nicht zu rechtfertigen „ besonders dann nicht, wenn sie für zweidrittel der zu bezahlenden Funktionalität keine Anwendung haben. Wer sich für ein "Mac OS X Workstation" stark machen will sollte die auf www.stepwise.com anlaufende Kampagne unterstützen.

Birds of a Feather

Man traf sich aber nicht nur um herumzujammern, sondern vor allem um von Apple-Mitarbeitern interessante Neuigkeiten rund um OS X zu erfahren. So war zu hören, daß OS X zwar offiziell nur auf G3 Desktops unterstützt wird, aber auch auf älteren PowerPCs, PowerBooks und den iMacs laufen sollte. Die iMacs verdanken dies der Tatsache, daß für die neuen G3 Desktops ebenfalls USB-Tastatur und Maus-Treiber notwendig waren.

Laut Wilfredo (Fred) Sanchez strebt Apple volle POSIX-Konformität an, wird aber aus Zeit- und Kostengründen keine offizielle Zertifizierung durchführen. Die standardmäßige Integration von 128 Bit Verschlüsselung im Apache-Webserver scheitert derzeit an den US-Krypto-Exportbestimmungen und kann deshalb nicht Bestandteil der Basisinstallation sein.

Auch das komplette BSD-UNIX Paket ist nicht mehr zwingender Bestandteil, denn der Anwender kann es beim Aufspielen des Systems auf Wunsch weglassen. Die Installationswerkzeuge wurden kräftig überarbeitet und bei den Systemverwaltungs-Tools will man in Zukunft mehr Funktionalität über WebObjects-Systemanwendungen zugänglich machen. Damit wird der Rechner auch von anderen Plattformen administrierbar. Für tippfreudige bleibt aber weiterhin der Zugang über das "VT100-Werkzeug" offen, solange keine FireWall den telnet-Zugang verhindert.

Doug Davidson stellte ein neues Exception-Framework vor, welches es Yellow-Programmen gestattet, die derzeit für eine Anwendung noch "tödlichen" Fehler (Nachrichten an nicht existierende Objekte etc.) abzufangen. Auf Wunsch können wichtige  Informationen (Stack-Inhalt, Registersatz und dergleichen) per EMail an die eigene Qualitätssicherung zugestellt werden. Schwer zu reproduzierende Fehler sind mit diesen Angaben erheblich leichter zu finden und die Anwenderin kann in machen Fällen so sogar noch wichtige Daten retten, bevor die Applikation vollständig "abraucht".

Ein paar der Neuerungen gegenüber der DR2 sind die Integration von AppleShare, die Unterstützung von Apple Events und damit die Möglichkeit via AppleScript YellowBox-Programme zu automatisieren, die verbesserte "Thread-savety" des AppKit und EOFs, TCL-Unterstützung, Java auf Basis von JDK 1.1.6 und die Erweiterung der NSURL-Klasse um die Fähigkeit Daten von einer "http"-Adresse zu laden. Zwar ist nichts davon bahnbrechend, doch bringt jede dieser Erweiterung das System ein Stück näher an das wahre Mac OS X.

Die Intel Frage

Auch wenn es Steve Jobs in seiner Keynote vermieden hatte Mac OS X Server gegen Windows NT zu positionieren, so ist man bei Apple darauf bedacht für die eigene Plattform Argumente zu sammeln. Neben vielen technischen Vorteilen der OS X Lösung belohnt man treue Apple Kunden nicht nur mit einem stabilen System. So erlaubt die in Mac OS X Server enthaltene WebObjects-Lizenz eine Bearbeitung von 50 Anfragen pro Minute, wohingegen YellowBox für NT auf 25 beschränkt bleibt.

Über die Intel Version des Apple Betriebssystems wurde verständlicherweise geschwiegen; fertiggestellt und ausgeliefert wird sie wohl wie geplant, aber die Details der Verfügbarkeit und Vermarktung sind bei Apple wohl noch nicht geklärt. Klar ist, daß die Intel-Version den Verkauf von PowerPC Rechner eher behindert. Zu welcher Strategie sich die Marketingabteilung durchringen wird bleibt weiterhin eine spannende Frage.

 

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